Ein freier Rätier!
Der Wecker holt mich um 06:30 Uhr unbarmherzig aus meinem viral getränkten Schlaf: hartnäckig, diese Erkältungsviren, die ich mir wohl irgendwo in der Metro der catalanischen Hauptstadt eingefangen habe. Doch weder die 1. Mai-Demo-Nachwehen noch irgendein ein Virenstamm halten mich vom strammen Schritt in die Dusche ab. Heute, ja heute kommt der Karo endlich so richtig nach Hause. Ich werfe mich föhnfrisiert in die Lederjacke und packe meine Aktentasche. Zu Fuss an den Zizerser Bahnhof und ab mit der kleinen Roten nach Thusis.
Indermaurs Reisende grüssen. Scharans badet mal wieder in der Sonne. Zwei Alte am Bahnhofbuffet essen Vollkorngipfeli. Der Karo hat hier nun fast einen Monat verbracht. Riccardo Beccharelli hat den Messerschmitt für die MFK bereitgestellt, binnen weniger Stunden! Allerdings hatte die MFK Thusis erst am 26. April 2024 Zeit für die Inspektion. Man muss verstehen.
Der Unterboden wurde zuvor noch konserviert, der Batterieträger eingeschweisst und der Schaden am Schutzblech hinten musste noch repariert werden: Wohl hat hier die Vorbesitzerin vor langer Zeit mal rückwärts etwas gar sportlich einparkiert. Der Kettenkasten erhielt 0.7 Liter neues Öl – die mindestens 35 Jahre alte Suppe war nicht mehr schön anzusehen! Die linken Blinker hatten das Blinken verlernt und – last but not least – musste eine neue Hupe her. Voilà.
Das alles ist jetzt schon eine Weile her. Der MFK-Termin dauerte 15 Minuten. Der Messerschmitt ist jetzt ein Bündner, ein freier Rätier gar! – Integration im Schnellverfahren. Denk ich mir und gehe zügig die Via Compogna entlang. Da steht er!
Wie habe ich dieses Ding liebgewonnen! Riccardo und ich plaudern noch etwas, unter anderem hatte seine betagte Mutter bei einem Besuch in der Werkstatt schon sehr Freude an diesem Kabinenroller. Starke Erinnerungen an längst vergangene Tage.
Es wird Zeit aufzubrechen. Der Motor springt sofort an – adio amigo, a revair. Der Wind pfeift durchs Fenster, als ich in den dritten Gang schalte, beschleunige – und stehen bleibe. Kurze Analyse (ich habe mir etwas Besonnenheit von Oli Meier abgekuckt, muss aber noch üben): Der Tank ist leer! Rasch auf den Reservetank umgestellt und ab zur Tankstelle. Es folgt eine wunderbare Fahrt via Cazis, Rhäzüns, Bonaduz zu Rheinkilometer null. Kleiner Fotohalt beim Schloss Reichenau – der Schlossherr ist nicht da, wird also nichts aus dem erhofften Vormittagstropfen. Weiterfahrt.
Vor Chur reisst der Himmel auf. Hoch über der Stadt, eingekesselt von Pizokel, Montalin und Calanda, verstaue ich das Dach und geniesse erstmals die Cabriofahrt nach Zizers. Auf dem Weg gibts noch ein Glacé an der Tankstelle. Dabei wird der Messerschmitt von mehreren Männern unterschiedlicher Couleur belagert. Sie wollen alles wissen. Ich muss schon etwas schmunzeln: Meine wohlkingenden Ausführungen lassen die Mannen erstaunen, selbst weiss ich das alles gefühlt ja auch erst einen Wimpernschlag.
Ich sag «Danke!». Danke an Oli für die riesige Unterstützung und das Abenteuer! Und «Danke!» dem Rollermobilclub: Du bist so skurril wie liebenswert.
PS: Der aufmerksamen Leserschaft dürfte auffallen, das Copilot Enea in der Geschichte fehlt. Richtig. Der ist aktuell mit seinem Gotti und deren T2 unterwegs durch Marokko. Also Ka-mel statt Ka-ro.
3. Mai 2024 at 7:24
Oliver
Wunderbar, wie du das erlebte schilderst – das gibt auch sehr gut das Gefühl wieder, dass wir in unseren kleinen Rennern tagtäglich erleben. Ich bin glücklich, dass euch der Wagen so viel Freude bereitet – denn etwas zum Entscheid, damals in Raststätte in Pratteln hatte ich euch schon «gestupft»…